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Artikel vom: 27. August 1990

Geschichte

Abatucci, Chancel, Barbanègre, Erzherzog Johann

Wie die Festung Hüningen kapitulierte

Das Aus für Vaubans Werk war der 27. August 1815

Von Jürg-Peter Lienhard

Am 27. August 1815, fast auf den Tag am 134. Jahrestag ihrer Einweihung, kapitulierte die Festung Hüningen vor der grossen antinapoelonischen Koalition. Nicht mehr viel erinnert heute an die mächtige Vauban-Festung, und noch viel weniger, dass der kleine elsässische Grenzort über Jahrhunderte hinweg die Aufgabe hatte, Basel und die Eidgenossenschaft gegenüber Frankreich politisch und militärisch in Schach zu halten.

Festung

Vorbemerkung: «Heute» = August 1990 (Der Artikel erschien am 27. August 1990 als Magazinbeitrag in der Basler Zeitung)


Am 27. August 1815 war es so weit - die Vision des genialen Architekten, Staatsdieners und -Kritikers sowie Marschalls des Königs, Sébastien Le Prestre de Vauban, bewahrheitete sich: die französische Besatzung der Festung Hüningen unter General Joséph Barbanègre ergab sich der Übermacht des Österreichischen Erbprinzen Johann, dem Basler Truppen während der Belagerung tatkräftig und schadenfroh beistanden. De Vauban hatte beim Bau seiner Hüninger Bastion im Jahr 1681 vorausgesagt, dass «Basel, durch eine solche Nachbarschaft inkommodiert, die erste Gelegenheit ergreifen wird, um auf die Schleifung der Festungswerke hinzuwirken und an der Zerstörung teilzuhaben».

Während die Basler auf dem Petersplatz den Fall der Festung mit einem von 24'000 Lampen beleuchteten und von unzählbaren Eichengirlanden geschmückten Riesenfest feierten, wurde allerdings nur wenig später ihre Schadenfreude durch eine saftige Rechnung für den Abbruch des Bollwerkes gehörig gedämpft.

134 Jahre lang fürchtete nicht nur Basel, sondern die ganze Eidgenossenschaft die von allem Anfang an verhasste Rhein-Bastion. Für wie bedrohlich das Kriegsbauwerk von den Eidgenossen damals gehalten wurde, illustriert ein im Festungsmuseum von Hüningen ausgestelltes Bild. Es karikiert das charakteristisch sternförmig gebaute Vauban-Werk als «Hüningerischen Vogelherd», also eine Vogelfalle, welche die Befürchtung der Eidgenossen zum Ausdruck bringt, Frankreich werde vom befestigten Hüningen aus die Kantone wie Vögel in einem Netz einfangen.

Militärisch gemahnte Hüningen im Vergleich mit anderen Konstruktionen Vaubans allerdings eher an eine «Liliput-Anlage». Jede andere Festung aus seiner Feder, ob im Norden, in den Alpen oder in den Pyrenäen, ja gar die teilweise heute immer noch gut erhaltene von Neuf-Brisach oder sowieso die von Belfort, war um ein Beträchtliches grösser. Es war also nicht so sehr die Grösse der militärischen Anlage, was den Eidgenossen so über Jahrhunderte missfiel. Es waren vielmehr die politischen Absichten, welche die damalige Grossmacht Eidgenossenschaft als anhaltenden Schmach empfand, und die vom Gouverneur des zuvor erbauten Breisach, Saint-Geniès, im Jahr 1655 in einem Brief an den französischen Kriegsminister Mazarin unverblümt geäussert wurden: «Dieser Ort (Huningue) ist derart wichtig, dass, wenn die Herren Schweizer ihren Bund mit Frankreich nicht erneuern wollten und man hier ein gutes Fort anlegt, man in der Lage wäre, ihnen Gesetze aufzuzwingen.»

Die Ressentiments der Franzosen gegenüber den Eidgenossen hatten in der damaligen Zeit verschiedenartigste Gründe. Einerseits waren vor allem die Basler sehr streitbar in bezug auf die elsässische Nachbarschaft, die sie immer wieder nachhaltig heimsuchten, brandschatzten und mit unzimperlichen Vergeltungsschlägen bestraften. Und andererseits spielte die Eidgenossenschaft damals auf dem europäischen politischen Parkett die Rolle einer Grossmacht, der ihrer Eigenwilligkeit wegen sehr schwer beizukommen war.

Gleichwohl waren die militärischen Gründe für den Bau von Hüningen die ausschlaggebenden: Als Folge des Holländischen Krieges erlebte die Basler Gegend, wie zu Zeiten des Dreissigjährigen Krieges, ein Kommen und Gehen von Truppen mit all den damit verbundenen Ängsten und Leiden. Zudem drohte der Einfall des Herzogs von Lothringen ins südliche Elsass. Mit dem Bau der Festung änderte sich die Lage am Rheinknie, denn mehr als ein Jahrhundert lang erfüllte das Fort die ihm von Vauban zugedachte Aufgabe: kein Feind fiel mehr bei Hüningen ins Elsass.

Jürg-Peter Lienhard


Lesen Sie hier  weiter:


Die Ortsgeschichte Hüningens
Die Festung
Die drei Belagerungen
Der Verlierer
Der Gewinner
Lucien Kiechel
Das Bild
Der Burgunderfeldzug

Eine Anekdote


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