Artikel vom: 27. August 1990
Box ad Kapitulation Hüningen
Die drei Belagerungen
jpl. Nach fast 40 Jahren Waffenruhe am Rheinknie, während der die
Basler ausgesprochen gutnachbarliche Beziehungen zu den Garnisonsmannschaften
pflegten, ja sogar in der Bastion ein Schweizerregiment unter französischer
Fahne stand, brach mit der Französischen Revolution erneut eine Periode
von folgeträchtigen Feindseligkeiten aus. Bis zum Ende des ersten Kaiserreiches
erlebte Hüningen drei grosse Belagerungen, welche ihm in der französischen
Kriegsgeschichte bis über den Ersten Weltkrieg hinaus glorreicher als
Verdun empfundenen Ruhm einbrachte. Gegner des revolutionären Frankreichs,
das 1792 den Krieg erklärte, war Österreich, und ihm zur Seite
stand eine Koalition von Preussen, Spanien und England. Österreich blieb
auf dem Kontinent aber der einzige Gegner Frankreichs.
In der Folge kam es von Oktober 1796 bis Februar 1797 zu einer ersten
von drei österreichischen Belagerungen der Festung Hüningens.
Dabei gelang den Österreichern lediglich die Zerstörung des eilends
von 3000 Mann aufgebauten rechtsrheinischen Brückenkopfes. In einem
heldenhaften Bajonett-Zweikampf fügten sich der korsische Kommandant
Charles Abatucchi und ein österreichischer Oberst gleichzeitig ihre
Todesstreiche zu.
Die zweite Belagerung vom 21. Dezember 1813 bis zum 16. April 1814 war
die härteste und zog die Festung am meisten in Mitleidenschaft. 80'000
österreichischen, russischen und preussischen Soldaten, die zuvor unter
Missachtung der eidgenössischen Neutralität über die Basler
Rheinbrücke zogen, standen 700 Mann unter General Jean-Hugues-Théophil
Chancel in der Hüninger Garnison gegenüber. Chancel musste schliesslich
nach 116 Tagen Belagerung aufgeben.
Die dritte und endgültig letzte Belagerung erlitt Hüningen nach
dem kurzen Wiederauftritt Napoleons. Sie hat Anlass zu einer ganzen Reihe
unwahrer oder entstellter Überlieferungen gegeben. Die Heldenmär
erzählt von einer Handvoll Verteidigern, die einer riesigen Übermacht
zu trotzen wagte. Tatsache ist hingegen, dass mehrere tausend Mann dem österreichischen
Erzherzog Johann gegenüberstanden. Diese waren allerdings durch den
napoleonischen Zusammenbruch bei Waterloo derart demoralisiert, dass nach
zehn Tagen Belagerung bereits 785 Mann desertiert hatten.
Mit dem Schiessbefehl auf Basel, bei dem es zu mehreren Toten und Sachschaden
kam, lieferte der letzte Kommandant, Joséph Barbanègre, der
Schweizer Heeresleitung den Vorwand zum Angriff auf die Freigrafschaft Burgund.
(Siehe Box Der Burgunderkrieg: Mehr…)
Zwei Monate nach Belagerungsbeginn kam es am 21. August 1815 zu einem
ganztägigen Dauerbeschuss durch die Belagerer. Der Beschuss wurde am
nächsten Tag und in der Nacht fortgesetzt, und nach einer am 25. August
von Erzherzog Johann gewährten Kampfpause kam es zu Kapitulationsverhandlungen,
die am 27. August mit der Übergabe durch Barbanègre endete.
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